Im Rahmen der Produktion eines so genannten `urban mobility´ Spezialteils für das Motorradmagazin ersann die Redaktion die Idee eines seriösen Vergleichstests der unterschiedlichen denkbaren Fortbewegungsarten im Stadtgebiet. Ausgeschlossen war bei diesem in kürzester Zeit zum `urban race´ mutierten Bubenvergleich nur die Erreichung des Zieles per pedes, dankenswerter Weise möchte ich sagen, lag dieses doch vor der SCN in Floridsdorf und damit wirklich weit weg vom Start bei der Wotrubakirche in Mauer.
Mir wurde die verantwortungsvolle Aufgabe zu Teil, mit dem MP Ecodrive Govecs 3.4 (was für ein elendslanger Name für so einen kurzen Roller!) die Fahnen des Null lokale Emissionen verursachenden Stromers hoch zu halten. Trotz ernsthafter Versuche mit meditativen Techniken infantile Rivalitätsgefühle gering zu halten war mir schnell klar: es ist Ehrensache, als `senior city racer´ meine Erfahrungen mit innerstädtischem Nahkampf und die Ortskenntnisse des eingefleischten, alteingesessenen Wieners in einen Sieg ummünzen zu müssen.
Das Ergebnis meiner Anstrengungen entnehmen Sie bitte dem entsprechenden Artikel in der Mai Ausgabe des Motorradmagazins, im folgenden bescheide ich mich mit der Schilderung der Fahreindrücke.
Übernommen habe ich den Govecs, wie ich ihn liebevoll bemmisch nennen möchte, in einem als bescheidene Absteige von österreichs schönstem, erfolgreichsten und intelligentesten Steuerminimierers bekannten Innenstadtpalais, wo er im Hof am aus dem ersten Stock herabgeworfenen Schukko Kabel nukkelnd seine Akkus nährte. Da mir die Gesammtstrecke unserer Wertungsfahrt mit circa 60 Kilometern kommuniziert wurde, habe ich ihn gleich mal an die Ladestation der Wienenergie gehängt, die praktischer Weise gegenüber meiner Bleibe auf der Mariahilferstrasse öffentlich und kostenlos zugänglich rasche Ladung garantiert. Eine grüne Kontrollleuchte im Armaturenbrett signalisiert dabei den stattfindenden Ladevorgang, das Nichtleuchten derselben bei meiner Abfahrt also offensichtlich volle Akkus.
Dementsprechend engagiert habe ich dann auch die Verbindungetappe zum Start angegangen, ohne jedoch die `Eco´ Einstellung zu verlassen, ich wollte mir ja die Power bis zum Schluss aufheben, um möglichst in der Zielgerade noch den entscheidenden Schlag gegen einen direkten Konkurrenten ausführen zu können. Nichts desto trotz hat die Kraft gereicht, um im Verkehr nicht nur mitschwimmen zu können, sondern durchaus auch aktiv auf veränderte Situationen zu reagieren. Dabei kommt es darauf an, möglichst selten zu Bremsen, man spürt förmlich, wie dabei Energie sinnlos mittels Reibung in Wärme umgewandelt wird, und die braucht man nun -endlich, nach dem endlosen Winter- wirklich nicht mehr. Also forciertes Kolonnenwedeln, das klappt ganz vorzüglich. Nur sich zwischen den vor Ampeln stillstehenden Autos durchzuschlängeln ist etwas mühsam, der Lenkeinschlag erstaunlich gering, warum auch immer.
Dafür bietet die Govecs in schnellen Kurven wirklich solides Fahrverhalten, da kommt selbst bei übermütig angegangenen Richtungswechseln kein mulmiges Gefühl auf. Auch der Fahrkomfort lässt kaum Wünsche offen, gut gedämpft und gefedert geht´s geschmeidig über Katzenkopfpflaster. Nur ein bisserl pumpern tut´s unter der Sitzbank, eine akkustische Sensation die allerdings auf einem von einem Verbrennungsmotor angetriebenen Zweirad gar nicht zur wahrgenommen werden würde, die Abwesenheit von Antriebsgeräuschen -abgesehn vom `fiiieps´ des braven Drehstromkraftwerks- lässt da einfach das Ohr sensibler für anderen Lärm werden.
In der `eco´-Einstellung wird offensichtlich die Stromaufnahme beim Beschleunigen begrenzt, hinauf auf den Maurer Berg habe ich dann doch kurz `Power´ abgerufen, das ging dann merklich flotter, hat aber auch ein ganzes Stricherl auf der Ladungsanzeige gefressen. Schnell wird einem klar, dass nur vorausschauende Fahrweise die versprochene maximale Reichweite realistisch werden lässt, für das Rennen bedeutete das, die Taktik zu ändern. Wenn man an der Ampel nicht sofort bei Grün voll lossprintet, hat man keine Chance gegen eine tausender KTM, also am Besten bei Rot erst gar nicht stehenbleiben! Um aber nicht mit der StVO in Konflikt zu geraten habe ich also jedesmal, wenn das bunte Licht die falsche Farbe zeiget den Roller über den Gehsteig geschoben -das geht dank prall gefüllter Reifen ganz vorzüglich von der Hand- und meinen Weg auf neuer Route fortgesetzt. In Gumpendorf hinter einem stecken gebliebenen Reisebus von einer Polizistin zum Umkehren aufgefordert, hat sie mich dann schliesslich doch auf den Gehsteig verwiesen, „schiabn diafn´s eam jo“, so ein laut- und geruchloser Elektroroller besänftigt Organe und Pasanten ungemein.
Nach dem Zieleinlauf war dann nur mehr eines von zehn Stricherl auf der Ladenazeige sichtbar, in der Befürchtung, auf dem nicht vorhandenen Pannenstreifen der Nordbrücke verhungernd von einem LKW überrollt zu werden habe ich plötzlich ganz zart am Gasgriff (sorry, die Bezeichnung wird sich wohl noch lange halten!) gedreht, und siehe da, bei konstanten 60 Km/h scheint er kaum nennenswert Energie zu brauchen. Also war das letzte Stricherl immer noch sichtbar, als ich wieder im Innenhof einlief, die Tür hielt mir ein freundlich lächelnder Hausbewohner auf, erwarten sie erst gar nicht diesen Effekt mit einem Benzinbetriebenen Motorzweirad zu erzielen!