Selten war an den erstaunten Blicken unvorbereiteter Passanten am Zebrastreifen so leicht abzulesen, was sie über diesen Typen auf dem Motorrad halten: schau, der böse alte Mann hat seinem Buben das Spielzeug weggenommen! Doch da ist keinerlei Verachtung dabei, die den Motorradfahrer sonst manchmal trifft, eher Mitleid, Amusement, vielleicht auch da und dort ein wenig Neid, ob der unverholenen Lebensfreude, die das Antlitz unter dem Helm ausstrahlt. Die kleine Honda mag auf den ersten Blick als nicht ganz vollwertig wahrgenommen werden, doch schon nach wenigen Metern weicht die Zurückhaltung und Vorsicht ob der scheinbar zu kurz geratenen Maschine einem rasch erwachten Spieltrieb. Und den zu befriedigen scheint die vornehme Aufgabe der MSX 125 zu sein, abgesehen von der Erfüllung täglicher Beförderungsbedürfnisse, die sie, zumal im und ums Stadtgebiet auch zu vollster Zufriedenheit bedient.
Der geradezu klassiche Viertelliterviertaktmotor will gedreht werden, das war schon immer so, den flach liegenden Zylinder kennen wir schon aus frühester Jugend, da hat er noch gegen hysterisch kreischende hochgezüchtete Zweitakter antreten müssen, und nicht immer den kürzeren gezogen. Der Drehzahlmesser weist einen roten Bereich aus, der getrost als Empfehlung für eilige Zeitgenossen verstanden werden darf, dort spielt die Musik. Ordentlich durcheschaltet wird man beim Ampelstart am Ring immer vorne mit dabei sein, da kriegt auch der X6 Fahrer grosse Augen, und wenn´s ans Abbiegen geht, kommt ohnehin keiner mehr mit. Die zierliche Honda mit den dicken kleinen Gummis biegt ab wie ein Slotcar, man muss sich nur trauen, Schwerpunkt tief und Sitzposition -relativ- hoch ermöglicht sportliche Schräglagen ohne Reue. Kürzester Radstand und nierige Gesammthöhe erleichtert das mühelose Durchfädeln zwischen gegenerischen Rückspiegeln und Stossstangen, da kann kein gewöhnlicher Roller mithalten.
Selbst für mich überraschend war nach einigen Tagen fahrpraxis die Tatsache, das sogar eine durchschnittlich genährte Sozia hinter mir -eher überdurchschnittlich genährtem- noch ansatndslos Platz fand. Und nicht einmal übermässig klagte, sie bevorzugt sonst eher mächtige 160-PS-Böcke, doch ihren Sitzplatz erklärte sie für durchaus brauchbar, dass das Auf- und Absteigen erheblich eleganter zu Bewerkstelligen ist als auf Riesenenduro oder Machocruiser versteht sich von selbst.
Und wer, ausser ein paar infantilen älteren Herren soll das kaufen? Ganz einfach: jeder, der zum Beispiel einen 125er Schein hat, oder eine/n Partner/in mit diesem, einen Sohn oder eine Tochter, die nicht auf einem untermotorisierten 50 Kubik Spuckerl ihre Leben riskieren wollen, die neuen Führerscheinrichtlinien der EU machens möglich. Und sollte eine/r der oben Genannten versehentlich den Schlüssel unbeaufsichtigt lassen, wird wohl erst wieder der Herr Papa seinen Jugenderinnerungen anhängen.