Ich glaub´, ich hab´s verstanden. In einer Zeit, wo selbst brave Pendlerautos sich aufbrezeln, als ginge es ins Gelände, die breiten Gummis aber trotz (oder gar wegen) ABS, ASR und FDA an feuchten Wiesen scheitern, man mittels Touchscreen den heimischen Mikrowellenherd steuern kann, und bald dank, als aufpreispflichtigem Zubehör erhältlicher, App, sich aus dem Internet eine praktische Panne als Alibi für etwaige aussereheliche Extravaganzen herunterladen kann, sehnt sich das Unterbewusste des degenerierten Homo Lupus nach Abenteuer und echter Emotion.
Und findet im unüberschaubaren Angebot ettlicher Motorradhersteller mit anachronistisch auftretenden Kraftfahrzeugen die Erfüllung seiner Träume. Der amerikanische Erwecker der Sehnsüchte und bekannteste Befriediger der so geweckten Gelüste gilt natürlich wie eh und jeh als Vorreiter, es könnte aber durchaus auch sein, dass hier schlicht und ergreifend das Leben den, der zu spät kam, mal belohnt hat. Denn die Entwicklungsabteilung konnte sich dort auf das Einhalten von Emissionswerten konzentrieren, sonstige Verbesserungen hätte die Kundschaft wohl weniger goutiert.
Die Kunkurrenz hingegen (sorry, `der Mitbewerb´, dieses ekelhafte euphemistische Kunstwort aus den Wordprogrammen slicker Marketingleute, kommt mir nicht auf die Seite), also die Japaner vor Allem, basteln seit Jahr und Tag an ihrer Antwort auf diese Nachfrage. Und finden diese auch regelmässig, mit unterschiedlichem Erfolg halt.
Einer der ersten Versuche der Söhne Nippons in den Markt der Teilzeit Easy Rider einzudringen war die Yamaha XS 650 in ihrer Custom Variante. Als Standardmodell noch eher an altenglischer Klassik angelehnt brachten einige wenige Details, wie Stufensitzbank, Cruisinglenker und Tropfentank dem urigen Twin Wildwestromantik ins Spiel. Technisch damals auf der Höhe der Zeit konnte sie so den einen oder Anderen Individualisten überzeugen, nicht zuletzt meine Wenigkeit. Allerdings nicht restlos, wie so viele ihrer Geschwister machte auch meine XS eine Verwandlung mit, skrupelloses Entfernen aller nicht unbedingt Notwendigen Bauteile machte die Yamaha nicht unbedingt StVo kompatibler, aber zweifelsohne puristischer. Technisch machte man sich nicht viele Gedanken, es war weniger ein Umbau- oder Veredelungsprozess den ein Abschrauben oder Abhacken, choppen würde man englisch sagen, jetzt wissen Sie auch wo der Begriff `Chopper´ seinen Ursprung hat.
Diese anarchistischen Zeiten sind natürlich längst Geschichte, ausserdem lassen sich so keine lukrativen Geschäfte machen. Also haben die Entwicklungsabteilungen immer mehr unternommen, damit das legale Outlaw-Bike nach weniger aussieht. Also selbstverständlich nicht was den Stil anlangt sondern bezüglich seiner Masse. Ergonomie und Aerodynamik stehen da plötzlich ganz unten auf der Liste, manchmal scheint ganz im Gegenteil sogar eine gewisse Unzulänglichkeit Ziel der Anstrengungen gewesen sein.
So gilt es knackig aussehende Federbeine, möglichst geringen Abstand von Hinterrad zum Kotflügel mit einem minimal die Hecklinie verunzierenden Sattel zu verbinden, für allfällige Beifahrer muss, so er denn überhaupt vorhanden ist, ein Sitz in der Grösse einer Zigarettenpackung genügen.
Die XV 950 wird den Anforderungen bestens gerecht, nicht nur was die Optik anlangt, sondern auch bezüglich der Funktion. Schön gezeichnet ist das Heck, die aufdringlich mattschwarze Plastikkennzeichenhalterung wird sich wohl an keiner Maschine lange halten, ist sie doch schon so konstruiert, dass sie leichter Hand im Nu abgeschraubt ist. Der Rest wirkt hochwertig, massiv, metallisch. Das kleine runde Rücklicht ist eine gelungene Interpretation der seinerzeit gerne montierten Leuchte aus dem Landwirtschaftsmaschinen Zubehörsortiment, dank LED Technik entfällt aber der einst beinahe tägliche Wechsel der Glühbirne. Die gülden matt glänzenden Federbeine mit Ausgleichsbehälter bringen ein Bisschen Dragsteroptik ins Spiel, die Schwinge wirkt beeindruckend massiv, wie von der V-Max geliehen, immerhin der Inbegriff des Macho Bikes. Und am Sitzmöbel hatte auch die beste Beifahrerin von allen Nichts auszusetzen.
Der Fahrer sitz auch ausreichend komfortabel, natürlich weit entfernt von der Gemütlichkeit eines Tourers, aber das wäre ja eine glatte Themenverfehlung. Der Lenker ist gerade hoch und weit entfernt genug montiert, dass man die korrekt coole Sitzpostion einnehmen und trotzdem uneingeschränkt manövrieren kann. Der Blick fällt auf ein einziges Instrument, dessen Gehäuse mit jenem des Rücklichts identisch scheint, anzeigen tut es digital, die Ziffern sind gross genug, dass man sie auch mit zwei Dioptrien Altersweitsicht noch wahrnehmen kann, was man von Kilometeranzeige und Uhr nicht behaupten kann.
Die Beine muss man dankenswerter Weise nicht waagrecht nach vorne fädeln, wie bei manch anderem Poser Bike, eher schon eng scheint mir der Kniewinkel, fast schon sportlich.
Und das ist auch gut so, die konzentierte Haltung lässt einem die nötige Bewegungsfreiheit, um reagieren zu können, wenn die Fussraster viel zu früh knirschend die Fahrbahn kratzen. Immerhin kann man, dank oben beschriebener Haltung, den Schwerpunkt nach innen bringen. Aber schön wär´s schon, wenn die Yamaha das Potential ihres, ansonsten schön neutral agierenden, fahrwerks ausspielen könnte. Nachdem man allerdings nur äusserst selten Beschwerden darob von Käufern derartiger Motorräder hört, dürfte der Zielgruppe die Fahrdynamik doch weniger wichtig sein als der coole, relaxte Auftritt.
Dazu passt dann auch die Motorcharakteristisch des 60 Grad V Zweizylindertriebwerks. Es dreht willig von relativ weit unten hoch, wirklich wuchtiges Drehmoment bei niedriger Drehzahl spürt man zwar nicht, dafür ist es aber ausreichend vorhanden, um schaltfaul dahin zu cruisen. Und das unterscheidet die Japanerin doch deutlich vom amerikanischen Vorbild, die wesentlich mehr Aufmerksamkeit für den Gasgriff fordert. Dafür holt die wieder Punkte beim Sound, nicht nur für die angepeilte Zielgruppe sondern durchaaus auch für mich ein wichtiges Kriterium. Aber hier gilt für Beide, was schon anlässlich des schwarzen Plastikbürtzels am Heck der Yamaha alt: die Lösung des Problems liegt im Werkzeugkasten, abschrauben und ein ansprechendes Teil aus dem Zubehörkatalog montieren. Denn das zeichnet diese Motorrad Genre aus, dass innerhalb kürzester Zeit eine Menge von Accessoires ihren markt finden. Auf dass wenigstens das Motorrad die ersehnte Individualität und Freiheit vermittelt, am Montag sagt einem ohnehin wieder die Stimme aus dem Computer, in welche Spur man sich bei nächster Gelegenheit einordnen möge.
im vergleich zur sportster ist sicher um eckhäuser besser – oder?
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allerdings 😉 wobei der motor halt schon ein bisserl charakterlos ist, zumfahren unendlich besser, und mit an uandlichn auspuff sicher gleich viel lustiger. und die bmw- würd ich glazz nehmen 😉 dass sie ein perfektes gerät is darf man ja wohl annehmen, dass sie unbetahlbar wird wohl auch ;-( und dann erst die vielen schönen jeans und jacken die sie uns andrehen werden wollen… obwohl: auf den ersten blich echt fein!
schentogno, hollaredulliööö