Ich bin ja ein hervorragender Motorradfahrer, nein, wirklich! Mir ist schon bewusst, dass das alle von sich meinen, aber es gibt ja da ein ganz objektives Kriterium für mich. Nämlich wenn man immer dort ankommt, wo man hin will. Und zwar mit dem Motorrad, und nicht in dem weissen Kombi mit einem aufgemalten roten Kreuz. Das ist mir bislang immer tadellos gelungen, selbst zu einem kleinen Lifting eines Schlupflides nach zu intensiver Augenscheinnahme der Lenkstange bin ich auf eigener Achse angereist. Und eine Stunde später auch wieder weiter.
Wichtig ist halt nur, dass man weiss, wie schnell und wie lang man kann, wo und wohin man fährt. Nach fast vierzig Jahren auf dem Bock muss ich mir da eigentlich nirgends verstecken, mit einer Ausnahme: der Sand war mir bislang ein inniger Feind, dem ich vorsorglich auswich, so gut ich konnte.
Bis zu einem Anruf von Mme. Chicaneaux vom Tunesischen Fremdenverkehrsamt. „Wir brauchen einen Photographen, magst mitfliegen? Und Motorrad fahren kannst du auch!´“ Sie kennt natürlich meinen Hang zum Zweirad, da wird die Vernunft schnell überstimmt, klar war ich sofort dabei. Auf genauere Nachfrage stellte sich heraus, dass Tunesien den Siegern des ´Creek to Peek Race´ im Ötztal eine Reise in die Wüste spendiert hatte, genauer zu Klaus Kinigadners KTM Adventure Tours Camp in Douz, dem Tor zur Sahara, wie man die Oasenstadt auch nennt. Das Ötztal ist Tunesien via Hannibal verbunden, der karthagische Heerführer hat es wohl auf seinem Feldzug gegen Rom besucht. Ernst Lorenzi, Mastermind hinter den touristischen Aktivitäten Söldens hat ihm mit einem spektakulären Gletscherevent in den Alpen quasi ein Denkmal gesetzt.
Mit einem Mal war´s mir ganz plümerant, mit Kinis bin ich schon unterwegs gewesen, war immer mit Schweiss und Schmerz verbunden. Und dann auch noch ins endlose Dünenmeer, verschärft durch die Gesellschaft von im Training stehenden Leistungssportlern, da beginnt man doch ein Bisschen zu Grübeln.
Egal, zu spät, mitgefangen mitgehangen, ich sass also im Flieger nach Tunis, hatte auch noch die Rolle des Reiseleiters geerbt, war also auch noch verantwortlich, Flucht zwecklos. Wir kamen ins Plaudern, Lukas der Kletterer, Kajak Meister Maxi und Antonio, unser italienischer Marathon Radler aus Trento. Allesamt bestens beinander, keine Frage, doch da erschien ein Silberstreifen am Horizont. Was mich Hoffnung schöpfen liess würde Klaus, unseren Trainer für die nächsten Tage, hingegen zweifellos beunruhigen müssen: die drei tapferen Champs verfügten über etwa so viel persönliche Erfahrung auf dem Motorrad wie ich mit der Raumfahrt, nicht einmal einen Führerschein hatten die drei. Also hatte ich Chancen, nicht kraftlos in den Dünen steckend zurückgelassen zu werden, doch nun beunruhigte mich eher die Frage, ob absolute Anfänger überhaupt so eine hochgezüchtete KTM 450 EXC bändigen würden können.
Als Maxi und ich, der Rest würde nachkommen, sobald das Gepäck sie in Djerba eingeholt hätte, nach zwölfstündiger Reise im Hotel Mouradi eintrafen, stellte ich mich erst mal Klaus als Capo Gruppo vor, und überbrachte ihm die, nun, interessanten, Detailinfos bezüglich der Grundkenntnisse unserer Zöglinge. Seine Überraschung war ehrlich, selbst sein lockeres tirolerisches Gemüt konnte die aufsteigende Ratlosigkeit nicht ganz überdecken. „Eccht, no nia am Motorradl gsessn?“ fragte er Maxi fassungslos, dieser verneinte schelmisch grinsend, nicht mal Mofa sei er je gefahren. Wir beschlossen, am nächsten Morgen auf der nahen Kamelrennbahn mal zu sehen, was denn für die Champs überhaupt möglich wäre.
Nachdem die `echten´ Adventurer, erfahrene Enduristen, die dafür bezahlt haben, sich eine Woche zu quälen, unter den verschlafenen Blicken der erst nach Mitternacht angekommenen Nachzügler spektakulär zwischen den Palmen verschwinden, beginnt die Einschulung. Gas, Kupplung, Schalten, das ganze Programm, von Null weg! Ob das gut geht? Nach einer viertel Stunde brechen wir zur Rennbahn auf, die Burschen haben´s schnell gecheckt, würde man nicht glauben, dass sie Novizen sind. Die Rennstrecke ist ein langes gewalztes Oval im Sand, die mächtige Betontribüne bleibt heute leer. Dabei würden die Wüstensöhne schon was zu sehen bekommen, schon nach der ersten Runde wird angegast, besonders Antonio scheint die Lust an der Geschwindigkeit zu übermannen, na gut, als Radrennfahrer weiss er wenigstens, wie man sich auf zwei Rädern hält.
Nächster Programmpunkt: lockerer Sand, die erste Düne. Auch das stellt kein grosses Problem dar, auch nicht für mich, während in den Sportlern der Spieltrieb erwacht schliesse ich Frieden mit dem Sand. Wer hätte das gedacht, gar keine Hexerei, Gas und geht schon!
Nur Klaus´ anschauliche Ausführungen zur Bergetechnik einer festgefahrenen KTM machen mich nicht froh, viel zu kraftraubend, der Entschluss, einfach nicht steckenzubleiben steht felsenfest.
Der anschliessende einstündige Ausflug durch das nahe Dünenfeld ändert daran nichts, sollte möglich sein, schon gut, dass die 450er nicht einmal halb so schwer ist, wie mein eigener Cagiva Elefant, mit dem ich höchstens aus Gedankenlosigkeit am Sand war, so macht´s hingegen richtig Spass! Die Buben hat mittlerweile der Ehrgeiz gepackt, sie können ihre Wettbewerbsorientierung nicht verleugnen, und ihre Lust daran, immer grössere Herausforderungen anzunehmen. Eine solche soll die Tour am Nachmittag darstellen. Klaus ist mittlerweile ganz angetan von ihrem schnellen Lernerfolg, amüsiert und entspannt beobachtet er das ausgelassene Treiben.
Bin schon auf unseren Ausflug gespannt…
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