il collaudatore

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lavoro intenso

„Unsere Autos sind die einzigen in dem Segment, bei denen sich die elektronischen Helferlein komplett abschalten lassen!“ Genau die Art von Aussage, die man von einem Capo Collaudatore, dem verantwortlichen Chef Testfahrer einer italienischen Vollblut Sportwagenmanufaktur erwartet. Giorgio Manicardi hat mir schon versprochen, Thomas Cremonini wäre „un ragazzo bravo“, die italienische Sprache klingt auch hier einfach glamuröser. Ein Ragazzo kann ein Mann fast jeden Alters sein, und bravo ist jedenfalls eine Auszeichnung.

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Giorgio Manicardi

Vor Allem wenn man wie Manicardi dem Bild einer grauen Eminenz entspricht, er hat 1966 bei Maserati angefangen, im Büro, wie er fast entschuldigend anmerkt, hat unter verschiedensten Eigentümern Karriere gemacht, jetzt in der Pension lässt er es sich nicht nehmen, ab und zu seinen Enthusiasmus zum Vorteil des Hauses an Gäste weiter zu geben.

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bella bestia 3.2

Stolz führt er durch die Montagehallen, die hier in Modema nur einen Häuserblock von Enzo Ferraris Geburtshaus befinden, seit ein Alteisenindustrieller 1937 mit einer substanziellen Investition den Maserati Brüdern ermöglicht hatte, neben ihren extrem erfolgreichen Rennwagen auch Sportwagen für den anspruchsvollen Herrenfahrer zu bauen. Und etwas später sogar eine noch nie da gewesene Synthese aus Sportwagen und Limousine auf den Markt zu bringen, zufällig steht ein Exemplar eines frühen Quattroporte gerade vor einer Halle, Manicardi erblickt es und seine Züge erinnern sofort an jene eines Kindes anlässlich der Weihnachtsbescherung.

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federicos portacenere

„Das ist das Auto von Marcello Mastrioani!“ Sofort nimmt er Platz, versinkt fast im ausladenden Fahrersitz, winkt mich zu sich. „Riechst du das Leder, das Benzin, diese Aura?“ Allerdings, und Zigarrenrauch Aromen. „Fantastico, no? Leider dürfen nicht einmal wir mehr solche Autos produzieren, heute müssen sogar Sportwgen sicher und vernünftig sein.“

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il capo collaudatore

Gottseidank mit Einschränkungen, wie eben den abschaltbaren Heinzelmännchen. Thomas Cremonini entspricht übrigens auf den ersten Blick gleich mal überhaupt nicht dem Cliché, er ist tatsächlich ein Ragazzo, wirkt noch jünger als seine tatsächlichen 34 Lenze, dazu noch recht intovertiert. Zuvorkommend bietet er mir das Steuer des Ghibli an, „so kann ich dir erklären, was ich mache, und du spürst das Resultat!“ Grossartige Idee, meinen letzten Maserati fuhr ich – im Traum!

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prova per ognigiorno

Doch zuvor muss ich erst mal Platz schaffen hinter dem Volant, Thomas´ Sitzposition dürfte direkt aus dem Rennsport stammen, Lehne senkrecht, Lenkrad knapp vor der Brust, ausserdem wiegt er nur ungefähr die Hälfte von mir, obwohl er inmitten des Schlaraffenlandes zwischen Parmaschinken und Parmesan lebt. In den frühen Maserati Sportwagen hätten nun ein paar Mechaniker herumgewerkt, der 2014er Ghibli schiebt mich elektrisch hin und her, schon passt alles.Wir zuckeln im dichten Stadtverkehr hinaus aus Modena, über die Eisenbahnbrücke, durch ein hässliches Industriegebiet auf die Tangenziale, das edle Fahrzeug bewerkstelligt die banale Aufgabe unauffällig und beflissen, ein plötzlicher Gasstoss wegen der ungewohnt ohne Grün zu Blinken umspringenden Ampel wird ohne allzu laut zu werden in Vortrieb umgesetzt.

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modena centrale

Wir gleiten auf der Tangenziale Richtung Norden, zu den Hügeln, die Fahrspass versprechen, doch noch ist Zeit biographische Details zu klären. Eine Frage liegt mir schon die ganze Zeit auf der Zunge: wie wird man eigentlich Testfahrer bei einer Luxussportwagenfirma, so leicht kann das doch nicht sein? Anscheinend doch, Thomas habe gleich nach der Schule bei Ferrari angefangen, nachdem er immer schon wusste, dass das sein Traumberuf sei, kein Wunder, rund um Modena sieht man ja als kleiner Bub kaum etwas anderes als Ferraris, sind fast so stark vertreten wie Taxis vor dem Hauptbahnhof. Klingt so einfach, bei Ferrari anklopfen und sofort einen Job kriegen? Nun, die Schule war dann doch nicht irgendeine, sondern eine Art HTL im Eigentum von Ferrari, und er hätte eigentlich gleich in die Rennabteilung kommen sollen, Abteilung Formel 1. Doch Thomas wollte testen, entwickeln und an Strassenabstimmungen tüfteln, „es hat einige Zeit gedauert, bis Ferrari zugestimmt hat!“ Denn normalerweise landen die zwei Besten eines Jahrgangs immer direkt an der Rennstrecke, und keiner wehrt sich. Ach so, Jahrgangsbester! Thomas murmelt bestätigend, fast scheint es ihm peinlich zu sein, er könnte womöglich für einen Streber gehalten werden.

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casa enzo ferrari

Nachdem ab 2005 Maserati als eigenständige Firma im Fiat Konzern gleichberechtigt neben Ferrari geführt wurde, sicherte sich dort seine Dienste, um den Fahrzeugen einen eigenen Charakter zu verpassen, zurückhaltender als die Boliden aus Maranello, nicht so extrovertiert, und doch nicht langweilig. Ob ihm der Nimbus von Ferrari nicht abgehe? „Überhaupt nicht, ich wollte zu Maserati. Die Aufgabe ist eine Herausforderung, einen Maserati zu entwickeln und abzustimmen ist wesentlich schwieriger als einen der roten Renner!“ Die Ferrari Kunden wollen´s schlicht laut und hart, kein Problem, das kriegt man leicht hin. Ein Maserati hingegen muss ein weites Spektrum von Anforderungen abdecken, komfortabel genug sein, um längere Strecken oder die holprige Zufahrt zum Landgut wegstecken, ohne den Chauffeur zu echauffieren. Doch wenn der Hafer sticht, muss der Maserati zeigen können, wo der Hammer hängt, eine grosse sportliche Vergangenheit will in die Neuzeit transponiert werden, zwei mal die 500 Meilen von Indianapolis hat nämlich ausser Maserati kein andere europäische Marke gewinnen können. Nein, auch Ferrari nicht!

Thomas´ Arbeit beginnt sofort, nachdem von einem neuen Modell ein fahrfähiger Prototyp verfügbar ist. Von Anfang an überprüft er, ob das, was die Entwicklungsingenieure mit ihren Computern berechnet haben auch auf der Strasse funktioniert, dabei geht es eher schon um Details, echte Fehlkonstruktionen gibt es bei einer derart erfahrenen Techniker Gilde nicht. Worauf er dabei in erster Linie achtet? „Dass sich das Auto so anfühlt, als wäre überhaupt keine Elektronik im Spiel, Sportwagen pur und unverfälscht!“

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un lavoro serio. su…

Getestet wird prinzipiell überall, auf den Strassen rundum, auf zugefrorenen Seen in Schweden, in der Wüste, und natürlich Rennstrecken in ganz Europa. „Und wenn sich das Auto auf dem Nürburgring gut anfühlt, dann sind wir schon fast am Ziel“ bestätigt Thomas ein altes Cliché. Ob man dabei auch auf die Rundenzeiten schaut? Nicht wirklich, behauptet er, andrerseits, konzidiert er, dienen die schon als Anhaltspunkt. Schrott produziert er dabei fast nie, und wenn, dann hat wohl irgendein Mitarbeiter in der Produktion Mist gebaut, der darf das dann auch ausbaden und reparieren, kein Grund für schlaflose Nächte. Nervös wird er nur, wenn er einen alten Maserati probefahren darf, um dem typischen Charakter der Marke nachzufühlen und ihn einem neuen Modell einzuhauchen. „Leider haben wir keine eigenen Referenzmodelle, aber jede Menge treue Kunden in der Umgebung, die uns dann ihren zur Verfügung stellen“. Und so eine rare Antiquität zu beschädigen wäre für Thomas der Supergau, nicht nur aus Rücksicht auf den grosszügigen Eigner, sondern weil so ein Vintage Maserati für ihn ein Kunstwerk ist.

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e giú…

Wir haben endlich den dichten Verkehr des Modeneser Speckgürtels hinter uns gebracht, wir biegen ab auf ein schmale Nebenstrasse, die uns laut Hinweisschild zum Heiligtum der Beata Vergine della Salute führen sollte. Die Wahlfahrtskirche wacht auf einem markanten Gipfel über die schier uferlose Poebene, Brüder vom Orden der kleinen Kapuziner warten auf Gläubige, ich erlaube mir auf den Serpentinen meinen ganz persönlichen Gottesdienst im Namen des eiligen Gassfusses zu zelebrieren. Beeindruckend leichtfüssig stürmt die geräumige Limousine bergan, nimmt enge Kurven agil wie ein Sportwagen, erhebt endlich die Stimme und röhrt durch den schütteren Wald, endlich kann sie zeigen, was in ihr steckt, ich kann meine Begeisterung nicht verbergen.

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cuore sportivo (secreto!)

Thomas lächelt, ob mitleidvoll oder aus Freude darüber, dass ich seine Arbeit würdige kann ich nicht beurteilen, meiner schüchternen Frage, ob sich das Deaktivieren der elektronischen Sicherheitsreserven nun bemerkbar machen würde nimmt er den Wind rasch aus den Segeln, „dazu sind wir noch viel zu langsam. Aber immerhin ist das Öl jetzt warm.“ Welches er übrigens rasch mal kontrollieren will, was mir die Gelegenheit bietet, ihn nach seiner aktuellen Aufgabe zu befragen. Einen neuen Motor hätten sie gerade in Entwicklung, meiner Frage, ob es ein Achtzylinder wäre weicht er elegant aus, ja, auch das sei möglich. Aber keine Sorge, beruhigt er mich, kein Diesel, denn das, murmelt er, wäre eigentlich ein Sakrileg, auch wenn die rege Nachfrage derartige Perversionen mittlerweile in die Produktpalette gedrückt hätte. Und dann bittet er mich noch eindringlich nun keine allzu detaillierten Photos zu schiessen, während er die Motorhaube aufschwingen lässt. Also ich weiss ja nicht, an welchem Punkt der Entwicklung wir gerade stehen, aber eines ist klar: der Motor läuft blendend, Thomas hat wieder mal ganze Arbeit geleistet!

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finalmente. io!

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