BIG BANG!

Dass es in Österreich eine lebendige Custom Szene gibt haben wir ja schon vermutet, immer öfter sieht man erfreuliche Interpretationen des Themas motorisiertes Zweirad. Wie bunte Vögel parken sie vor Lokalen, tuckern durch Wald und Wiese, es ist jedes mal ein Lichtblick im sonst recht öden Straßenverkehr, und zum alljährlichen Gentlemans Ride tauchen sie überhaupt in Schaaren auf, da staunt auch das ansonsten dem Verbrennungsmotor gegenüber skeptisch eingestellte Fussvolk.

Präsentierte sich die Szene bislang eher als eine oft zufällige Zusammenrottung einzelner Enthusiasten, die neidvoll über die Grenzen blickte, wo sich die Freude an individueller Motorisierung regelmäßig in Gruppenstärke äußert, Treffen und Shows Gelegenheit zum Gedankenaustausch und manchmal auch Ideenfindung bot, war´s bei uns hinter den Bergen eher trist bestellt. „Des wird doch nix, in Österreich, für a Custom Show gibt´s ned genug Bikes und Publikum scho goa ned“ posaunten übellaunige Kleingeister hinaus.

Denkste! Der Comunity ist mit Wolfgang Weiss  und seinen Co-Artisten ein Team von Visionären entsprungen, das sich nicht von kleingeistigen Einwänden entmutigen ließ, und Customizer und Amateure, also Liebhaber, endlich unter einem Zelt versammelt hat. Als Veranstalter konnten sie Volker Schaffler und Clemens Roessel ins Boot holen, die als Steuermänner von Moto Classics schon längere Zeit über ein Ausstellungsprojekt nachdachten. Mit Christina Doneiser und Silke Roessel, die sich um Kommunikation und Gestaltung kümmerten war die Besatzung schliesslich komplett, das Zirkusdirektoren Kollektiv brachte den Stapellauf nun souverän über die Bühne. Das MotoCircusFestival beweist eindrücklich, dass es in Österreich sehr wohl Platz und Publikum für eine Veranstaltung hat, die in erster Linie der ästhetisch-philosophischen Seite des Motorradfahrens gewidmet ist. Und zeigt dies ohne falsche Bescheidenheit.

Klingt zu hochtrabend, meinen Sie? Von wegen! Abgesehen davon, dass die Qualität der ausgestellten Motorräder auf höchstem internationalen Niveau angesiedelt ist führt ein Gespräch mit den Kreateuren schnell mal von technischen Fragen zu ethischen Grundsatzfragen. Glauben Sie nicht? Na dann nix wie hin, heute, Sonntag, geht´s weiter. Vielleicht plaudern Sie ja mal mit dem Blechmann über die Schöpfung, den Herren von Vagabund über die wichtige Funktion der Familie in der postindustriellen Welt, oder lassen sich am Stand von Titan auf Erörterungen sozialer Verantwortung ein.

Man wird sie dann ganz zwanglos in eine Ecke der Halle führen, wo eine unscheinbare Kawa 450LTD inmitten von Kinderspielzeug ihrer Bestimmung harrt. Sie wird einst einen kleinen Beitrag zur Linderung der Sorgen krebskranker Kinder leisten, unter #titanprivilege finden Sie weitere Infos dazu, vielleicht wollen Sie ja auch helfen.

Tja, so schaut´s aus: das MotoCircusFestival beweist nicht nur, dass die heimische Custom Szene auf höchstem technischen Niveau angesiedelt ist, sie zeigt auch, dass so manch Vorurteil, dass Bikern in Öffentlichkeit und Medien entgegengebracht wir, jeder Grundlage entbehrt!

Also: als Motorradfahrer sollten Sie jetzt sofort den Bock erklimmen, um ihre Zugehörigkeit zur Szene zu zeigen, wird Ihrem persönlichen Selbstwert- und Wohlgefühl sicher nicht schaden. Und wenn Sie, was natürlich Schade aber nicht unabänderlich ist, noch nicht zur privilegierten Klasse der Motorradfahrer gehören, sollten Sie erst recht ins F23 in der Breitenfurter Straße aufbrechen. Ach ja, für Speis und Trank ist auch gesorgt, gibt also eigentlich keine gültigen Ausreden!

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